Wienerberger & Terreal
Megadeal am Steildach-Markt verzögert sich
Am 20. Dezember schien es, als zeichnen sich am europäischen Steildachmarkt große Veränderungen ab. Vier Tage vor Weihnachten gab die Wienerberger Gruppe bekannt, das Geschäft von Terreal in Frankreich, Italien, Spanien und den USA sowie das Geschäft der Terreal-Tochter Creaton in Deutschland und den Benelux-Ländern übernehmen zu wollen. Insgesamt soll die Transaktion knapp 3.000 Mitarbeiter*innen umfassen, und Wienerberger würde seine Produktion um 29 Standorte erweitern. Der zu erwartende Jahresumsatz des zu erwerbenden Geschäfts beträgt rund 740 Mio. Euro.
"Für Wienerberger wäre die Übernahme von Terreal eine Ergänzung zum bereits bestehenden Geschäft und würde einzigartige Wachstumschancen, insbesondere auf dem französischen und deutschen Markt, bieten", kommentierte man die Hintergründe des geplanten Deals.
Frankreich und Deutschland im Fokus
Heimo Scheuch, Vorstandsvorsitzender von Wienerberger, erläutert die Bedeutung der Übernahme: "Die Sanierung des europäischen Gebäudebestands ist ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität. Wienerberger sieht in diesem Geschäftsfeld ein enormes Wachstumspotenzial, das es auszubauen gilt. Dieses betrifft vor allem den Bereich der Bedachung einschließlich Solar- und Wassermanagementlösungen." Die Übernahme von Terreal wäre ein idealer nächster Schritt bei der Umsetzung der Wachstumsstrategie.
Ziel der Wienerberger Gruppe ist es, den Dachabsatz jährlich auf 75 Millionen Quadratmeter zu verdoppeln. "Mit dem sich hervorragend ergänzenden Portfolio von Terreal, das perfekt zu unserer eigenen Produktpalette passt", so Heimo Scheuch. Vor allem die strategisch wichtigen Märkte Frankreich und Deutschland stehen im Fokus der Expansionspläne. Wienerberger würde seine Präsenz in den beiden großen, attraktiven Märkten für Sanierungen und Renovierungen ausbauen.
Negative Auswirkungen auf den Wettbewerb sowie auf die Kunden und Kundinnen können derzeit nicht ausgeschlossen werden. Daher ist die Fusion nicht freigabefähig durch die BWB.
Kartellrechtliche Bedenken: Bundeswettbewerbsbehörde ermittelt
Am 1. Februar 2023 meldete die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) nun öffentlich Bedenken an. Man habe im Rahmen der Ermittlungen neben eigenen Recherchen auch Befragungen von Marktteilnehmern durchgeführt. "Die Ergebnisse der Stellungnahmen und Gespräche mit Wettbewerbern sowie Kunden und Kundinnen ergaben Anhaltspunkte für eine andere Marktabgrenzung als jene, die von den Anmeldern vorgebracht wurde", heißt es von Seiten der BWB. Insgesamt gäbe es Bedenken aufgrund der sehr hohen Marktanteile der beteiligten Unternehmen. Der Zusammenschluss würde zu einer weiteren Stärkung der Marktstellung von Wienerberger im Bereich kleinformatiger Bedachungsmaterialien für das Steildach führen, die sich auf den Wettbewerb negativ auswirken kann.
Generaldirektorin a.i. Dr. Natalie Harsdorf-Borsch erklärt: "Negative Auswirkungen auf den Wettbewerb sowie auf die Kunden und Kundinnen können derzeit nicht ausgeschlossen werden. Daher ist die Fusion nicht freigabefähig durch die BWB. Bedachungsmaterialien wie zum Beispiel Tondachziegel sind ein ganz wesentlicher notwendiger Bestandteil für viele Bauvorhaben." Die BWB hat zur vertieften Prüfung einen Antrag an das Kartellgericht gestellt.
Wienerberger dennoch zuversichtlich
Unaufgeregt reagiert man auf Nachfrage bei Wienerberger: "Solch ein Zusammenschluss unterliegt einigen für eine Transaktion dieser Art typischen Bedingungen, darunter auch der Genehmigungen der zuständigen Wettbewerbsbehörden zur Fusionskontrolle in den unterschiedlichen Jurisdiktionen. Das deutsche Bundeskartellamt hat den Zusammenschluss bereits freigegeben – in Österreich hat die Bundeswettbewerbsbehörde einen Antrag auf vertiefende Prüfung an das Kartellgericht gestellt. In diesem Zusammenhang ist Wienerberger im laufenden Dialog mit den zuständigen Behörden und arbeitet mit diesen eng zusammen. Wienerberger ist sehr zuversichtlich im Rahmen dieser konstruktiven Zusammenarbeit die Bedenken der Behörde ausräumen zu können", so die Stellungnahme.
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